Der
Ödipusmythos nach der Tragödie 'König Ödipus' von Sophokles (429
v. Chr.):
Ödipus wird als Sohn der Iokaste und des Laios, des Königs von Theben, geboren, aber sofort ausgesetzt, da er - laut Orakel - den Vater töten und die Mutter heiraten wird. Er wird heimlich gerettet und dem Herrscherpaar in Korinth übergeben. Als junger Mann erfährt Ödipus vom Orakel seine schreckliche Bestimmung und kehrt nicht mehr nach Korinth zurück, um seinen Eltern Tod und Inzest zu ersparen. In der Nähe von Theben erschlägt er im Zorn einen unbekannten Mann (seinen Vater), löst das Rätsel der Sphinx (auf die Frage, welches Wesen als einziges seine Gestalt ändere und zuerst auf vier Beinen, dann auf zwei und zuletzt auf drei Beinen gehe, antwortet er dass es der Mensch sei) und erhält zur Belohnung dafür die Hand der thebanischen Königin Iokaste, deren Mann gerade von einem unbekannten erschlagen wurde. Als Jahre später in Theben die Pest ausbricht, erkennt Ödipus auf der Suche nach der Ursache für den Götterzorn die Wahrheit. Die Mutter-Gattin erhängt sich daraufhin; Ödipus sticht sich die Augen aus.
Ödipus wird als Sohn der Iokaste und des Laios, des Königs von Theben, geboren, aber sofort ausgesetzt, da er - laut Orakel - den Vater töten und die Mutter heiraten wird. Er wird heimlich gerettet und dem Herrscherpaar in Korinth übergeben. Als junger Mann erfährt Ödipus vom Orakel seine schreckliche Bestimmung und kehrt nicht mehr nach Korinth zurück, um seinen Eltern Tod und Inzest zu ersparen. In der Nähe von Theben erschlägt er im Zorn einen unbekannten Mann (seinen Vater), löst das Rätsel der Sphinx (auf die Frage, welches Wesen als einziges seine Gestalt ändere und zuerst auf vier Beinen, dann auf zwei und zuletzt auf drei Beinen gehe, antwortet er dass es der Mensch sei) und erhält zur Belohnung dafür die Hand der thebanischen Königin Iokaste, deren Mann gerade von einem unbekannten erschlagen wurde. Als Jahre später in Theben die Pest ausbricht, erkennt Ödipus auf der Suche nach der Ursache für den Götterzorn die Wahrheit. Die Mutter-Gattin erhängt sich daraufhin; Ödipus sticht sich die Augen aus.
Parallelen
In„Homo
Faber“ wird die Tragödie des Ödipus kurz erwähnt. Hanna ist
begeistert von Mythen und redet auch davon „Ödipus und die Sphinx,
auf einer kaputten Vase dargestellt in kindlicher Weise“ (S. 154 Z.
3f.) ist Es wird zwar nicht weiter auf den Mythos eingegangen, jedoch
lässt sich aus diesem kurzen Hinweis erkennen, dass Faber der Inzest
beschäftigt und dass der Inzest ein Leben kaputt macht („[...] auf
einer kaputten Vase [...]“)
Desweiteren
ist der Ort, an dem herauskommt, dass Inzest begangen wurde, in
beiden Lektüren Griechenland. Faber und Hanna schlafen zwar
möglicherweise in Avignon miteinander (S. 135 Z. 23ff.„Jedenfalls
war es das Mädchen, das in jener Nacht, nachdem wir bis zum
Schlottern draußen gestanden hatten, in mein Zimmer kam -“), aber
dass Sabeth wirklich seine Tochter ist, erfährt er erst in
Griechenland von Hanna.
Eine
weitere Gemeinsamkeit der Lektüren ist die Vorgeschichte der beiden
Hauptcharaktere. Faber denkt, Hanna hätte das Kind abgetrieben.
Demnach kann er gar nicht wissen, dass er eine Tochter hat, als er
auf dem Schiff Sabeth kennen lernt. Ödipus wurde nie gesagt, dass
Polybos und Periboia nicht seine leiblichen Eltern sind.
Zum
Ende hin lässt sich noch eine offensichtliche Parallele erkennen.
Nachdem Ödipus erkennt, dass er Inzest begangen und seinen Vater
getötet hat, sticht er sich die Augen aus. Faber denkt im Zug nach
Zürich ebenfalls darüber nach sich die Augen mit zwei Gabeln
auszustechen (S. 209 Z. 6ff.). Das zeigt, dass Faber sich seine
Schuld nun eingesteht, wie Ödipus es ebenfalls getan hatte. Beide
bestrafen sich bzw. Faber will sich bestrafen (tut es aber nicht)
dafür, dass sie ihr Leben lang so blind gewesen sind und nicht
erkannt haben, dass sie sich in ihre Mutter/Tochter verliebt haben.
Sowohl Ödipus, als auch Faber tun vor dem Inzest etwas Gutes für
die Menschen. Ödipus rettete die Stadt Theben, indem er das Rätsel
der Sphinx gelöst hatte und Faber hilft unterentwickelten Völkern
mit Technik (S. 10 Z. 34). Im weiteren Verlauf ihrer Geschichte
jedoch sind beide für einen Tod verantwortlich. Ödipus jedoch nur
indirekt. Iokaste erhängt sich selbst, als sie erkennt, dass Ödipus
ihr eigener Sohn ist. Sabeth hingegen stirbt an der Verletzung durch
den Sturz. Sie stürzte jedoch nur die Böschung runter, weil sie vor
Faber zurückschreckte, als er ihr zu Hilfe kommen wollte. Außerdem
verschweigt Faber den Sturz Sabeth im Krankenhaus, sodass der Arzt
die daraus entstandene Verletzung gar nicht behandeln kann. (S. 174
Z. 5f.)
Unterschiede
Der
Unterschied zwischen den beiden Geschichten ist die Form des Inzests.
Während bei „König Ödipus“ ein Mutter-Sohn-Inzest vorliegt,
ist es bei „Homo Faber“ ein Vater-Tochter-Inzest - demnach das
genaue Gegenteil. Außerdem hat Faber keinen Rivalen, den er versucht
zu töten. Zwar ist er eifersüchtig auf den Pingpong-Spieler und den
Baptisten auf dem Schiff (S. 83 Z. 18ff. „Dabei hat er gar nichts
zu sagen, der Baptist, es geht ihm […] bloß darum, das Mädchen
anfassen zu können, […] dazu sein Lächeln über mich.“), aber
er sieht sie nicht als Rivalen an. Ödipus weiß nicht, dass Laios
sein Rivale ist (also der Mann seiner Geliebten) als er ihn
erschlägt. Ödipus bekennt sich sofort seiner Schuld und sticht sich
die Augen aus. Faber hingegen versucht sein Leben irgendwie weiter zu
leben (S. 187ff.). „Homo Faber“ ist ein Bericht aus der Sicht von
Faber. Mit diesem Bericht versucht er sich für den Inzest und
letztendlich auch für den Tod Sabeths zu rechtfertigen (S. 134 Z.
1ff „Was ist denn meine Schuld? Ich habe sie auf dem Schiff
getroffen […], ein Mädchen mit baumelnden Roßschwanz vor mir.“).
Das merkt man vor allem daran, dass er oft schreibt, dass er es nicht
hätte ahnen können, dass Sabeth seine Tochter ist und hätte er es
früher gewusst, wäre alles ganz anders geworden (S. 78 Z.
13ff.„[...] Wieso Fügung! Es hätte auch ganz anders kommen
können“) Demnach ist Faber im Gegensatz zu Ödipus nicht in der
Lage sich seine Schuld einzugestehen bzw. versucht er sich diese
auszureden.
Ödipus
Blendung und Fabers kurzzeitiger Gedanke sich zu blenden haben etwas
unterschiedliche Funktionen und Gründe. Ödipus blendet sich als
Strafe dafür, dass er Inzest begangen hat. Außerdem schämt er sich
vor seinen Kindern. Faber hingegen denkt nicht nur wegen dem Inzest
an sich an die Blendung, sondern auch, weil er sich selbst nicht mehr
sieht und erkennt. Bevor er Sabeth kennen gelernt hat, war er ein
verlässlicher Arbeitnehmer. Danach hat er sich Urlaub genommen und
das Leben genossen wie es war. Anders als Ödipus sehnt Faber sich
nach Sabeths Tod immer noch nach ihr (S. 209 Z. 1ff„Ich habe nichts
mehr zu sehen. Ihre zwei Hände, die es nirgends mehr gibt, ihre
Bewegung, wenn sie das Haar in den Nacken wirft oder sich kämmt,
ihre Zähne, ihre Lippen, ihre Augen, die es nirgends mehr gibt, ihre
Stirn: wo soll ich sie suchen?“).Das weist darauf hin, dass Faber
sich mit dem Gedanken nicht abfinden kann, dass Sabeth seine Tochter
ist. Zwar möchte er Hanna heiraten, um eine richtige Familie zu
werden, die Gefühle zu Sabeth als seine Geliebte kann er dennoch
nicht ganz unterdrücken.
König
Ödipus“ und „Homo Faber“ ähneln sich in manchen Aspekten des
Inzests. Jedoch sind grundlegende Unterschiede vorhanden, die
deutlich machen, dass in „Homo Faber“ Gefühle und das Leben der
Menschen mehr im Mittelpunkt stehen, als bei„König Ödipus“.
Iokaste und Ödipus sehen keinen Sinn mehr in ihrem Leben, aber Faber
und Hanna versuchen so gut es geht weiter zu leben, auch wenn Faber
am Ende höchstwahrscheinlich stirbt.
Quellen
Primärliteratur:
Homo Faber. Ein Bericht. Max Frisch. Suhrkamp
Verlag, 1999,
Internetquellen:
www.ödipus-dasbuch.de
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